Schotterplatz #6 Kann man so machen… ist dann halt scheiße

Eine moralische Instanz ist Ulrich Hoeneß sicherlich nicht. Nicht erst seit seiner Steuer-Affäre. Die Mittel, mit denen der FC Bayern seine Vormachtstellung im deutschen Fußball erlangt hat, dürfen als zweifelhaft bezeichnet werden.

Stimmt nicht? Alles sauber? Na mal schauen:

Seit dem Amtsantritt von Uli Hoeneß als Manager beim FC Bayern, 1979, zieht sich bis heute ein roter Faden durch die Transferpolitik des Vereins. Das Prinzip ist so einfach wie genial; eines ist es mit großer Sicherheit nicht: sozial. 

Folgende Methode lässt sich erkennen: Der gezielte Kauf der besten Spieler eines konkurrierenden Vereins. In der Regel verbessert sich so der eigene Kader. Wichtiger jedoch scheint die gezielte Schwächung der Konkurrenz. Beispiele gefällig? Es sind erschreckend viele:

Borussia Mönchengladbach

1980, ein Jahr nach dem Amtsantritt von Manager Uli Hoeneß verpflichtete er Calle Del’Haye von Borussia Mönchengladbach, dem Dauer-Rivalen der 1970er Jahre. Pal Csernai, damals Bayern-Trainer, konnte mit dem Spieler wenig anfangen. Ein schneller Flügelspieler passte nicht in sein damaliges Spielsystem. Aber Gladbach hatte seinen Leistungsträger nicht mehr.

Nach Wiedererstarken der Borussen holte man sich 1983 deren jungen Spielmacher Lothar Matthäus, der später Weltfußballer wurde. 

©flickr/ Richard von Habsburg
Quelle: flickr/ Richard von Habsburg

Der 1. FC Nürnberg

1985, nach seinem Aufstieg, strebte der 1. FC Nürnberg jedes Jahr weiter Richtung Tabellenspitze. In kleinen Schritten zwar, aber 1988 waren die Franken immerhin fünfter. Das sah man in München offenbar als Gefahr und luchste dem „Glubb“ hintereinander Hans Dorfner (1986), Stefan Reuter, Roland Grahammer (beide 1988) und Manfred Schwabl (1989) ab.

Der 1. FC Köln

Als nächstes wurde der 1. FC Köln Opfer der bayerischen Wut auf mögliche Konkurrenz. Die Domstädter stürmten 1989 forsch auf den 2. Platz und waren hungrig auf mehr. Also kauften die Münchener schnell deren strategisch wichtigen Abwehrchef Jürgen Kohler und schwächten die Kölner damit nachhaltig. 

Karlsruher SC

Weiter ging es mit dem KSC. Der Karlsruher Sport Club wirbelte in den frühen Neunzigern die Bundesliga auf. Trainer Winfried Schäfer wagte es, von der „Meisterschaft bis zum Jahr 2000“ zu träumen. Das hörte man in München nicht gerne und kaufte in sieben Jahren 6 Spieler der Badener. Darunter Kaliber wie Mehmet Scholl und Oliver Kahn. Der Karlsruher SC spielt heute in der 3. Bundesliga.

© flickr/ Amir Marvi
Quelle: flickr/ Amir Marvi

Der 1. FC Kaiserslautern

Ein aufmüpfiger Verein aus der Pfalz musste als nächster dran glauben. 1991 wurde der 1. FC Kaiserslautern überraschend deutscher Meister. Das ließ der FC Bayern natürlich nicht ungestraft. Der damalige Starstürmer der Pfälzer, Bruno Labbadia, wurde direkt nach München gelotst. 1993 wechselte dann Jungstar Marcel Witeczek an die Isar, 1995 folgte Spielmacher Ciriaco Sforza dem Ruf aus Bayern. In der Folgesaison stiegen die Lauterer in die 2. Liga ab. 1998, nach der Rückkehr in die Bundesliga, schaffte der FCK das Kunststück und wurde als Aufsteiger direkt deutscher Meister. Die erstarkten Lauterer belegten in den Folgejahren zweimal Platz 5.  Also kauften die Bayern erneut Sforza, der zwischenzeitlich in die Pfalz zurückgekehrt war. Die Lauterer spielen mittlerweile auch in Liga 3.

Kurz verschnaufen. Reicht das? Oder mehr? Ja? Weiter gehts:

SV Werder Bremen

Als hartnäckig erwies sich ab Mitte der 1990er Jahre der SV Werder Bremen. Die Norddeutschen wurden unter Trainer Otto Rehhagel zu einer ernstzunehmenden Bedrohung. Also verpflichteten die Münchener 1995 gleich den Trainer, der seine Schlüsselspieler Andreas Herzog und etwas später Mario Basler mitbrachte. Bremen berappelte sich dennoch und wagte es 2004 Meister zu werden. Im Handumdrehen verpflichtete man diesmal Torjäger Miroslav Klose und Abwehrchef Valerien Ismael. Und sie setzten in München diesmal noch einen drauf: Der FC Bayern holte auch Nationalspieler Jan Schlaudraff von Alemania Aachen, damit die interessierten Bremer ihn nicht verpflichten konnten. Er versauerte in München auf der Bank und spielte im deutschen Fußball keine große Rolle mehr (Ähnliches wiederholte sich später mit Jan Kirchhoff und  Borussia Dortmund). Nachdem die Bremer 2008 mit der Vizemeisterschaft wieder aufmuckten, holte man so ganz nebenbei Schlüsselspieler Tim Borowski. Er ging dann irgendwo in München unter. 

VFB Stuttgart

Unvergessen auch, wie die Münchener das „Magische Dreieck“ aus Stuttgart sprengten. Die Schwaben wurden 1997 DFB Pokalsieger, glänzten mit Offensivfußball und stellten den wohl besten Angriff der Bundesliga. Das wurde den Bayern zu bunt. Sie verpflichteten den Brasilianischen Stürmerstar Giovane Elber und zerrissen damit das Dreieck Elber-Bobic-Balakov. Die Stuttgarter kamen 2006 wieder zurück und wurden Meister, im Jahr darauf sechster und im Jahr darauf dritter. Man bestellte den damaligen Star der Mannschaft, Stürmer Mario Gomez umgehend in die Bayerische Hauptstadt. 

© flickr/ Kalaallit_
Quelle: flickr/ Kalaallit_

Bayer Leverkusen

Bayer Leverkusen a.k.a. Vizekusen war um die Jahrtausendwende ein großer Konkurrent in der Tabelle. Auch wenn Leverkusen nie einen Titel gewann, kamen sie den Münchnern von Saison zu  Saison ziemlich nahe. Da sah sich der FC Bayern gezwungen, dem Werksclub im Laufe der Jahre eine Reihe von Topspielern abzuluchsen. Man wollte wohl Schlimmeres verhindern. Also kamen 2001 Robert Kovac, 2002 Ze Roberto und Michael Ballack und 2004 schließlich noch  Lucio an die Isar. Bayer war bis heute nicht Meister. 

Borussia Dortmund

Im Ruhegebiet wachte langsam aber sicher ein Riese des deutschen Fußballs auf. Als ein sehr ernstzunehmender Konkurrent wurde Borussia Dortmund in jüngerer Vergangenheit aufmüpfig. Unter dem bis dahin nicht so bekannten Trainer Jürgen Klopp wirbelte eine junge Truppe die Bundesliga auf. 2011 und 2012 wurde Borussia Dortmund deutscher Meister und zog 2013 ins Finale der Champions League ein. Dort trafen sie direkt auf den FC Bayern. Den Münchenern ging das gehörig auf die Nuss. Also bediente man sich altbewährter Mittel: Man lotste die talentiertesten Spieler, den späteren Weltmeister Mario Götze und den bis heute besten Mittelstürmer Europas, Robert Lewandowski, in die Bayerische Landeshauptstadt. 

Als ob das nicht genug Schmerz wäre, verkündete man die Wechsel kurz vor dem Endspiel um die Champions League. Ein Schelm, wer denkt, dass das Unruhe stiften sollte im Lager der Borussen! Kurzum: Der Titel und die Spieler gingen an den FCB. Von da an wurde der FC Bayern sechs mal in Folge Meister. 

©flickr/ Kalaallit_
Quelle: flickr/ Kalaallit_

Fazit

Dass größere Vereine gute Spieler von kleineren Vereinen holen, um sich zu verstärken, ist normal, nachvollziehbar und natürlich. Darwin lässt grüßen. Der FC Bayern hingegen scheint darauf bedacht, auf nationaler Ebene keine Konkurrenz heranwachsen zu lassen. Sich zu verstärken ist eine Sache; sich zu verstärken, um andere zu schwächen, eine andere. 

Mia san Mia. Ja, das seid ihr.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert